Das Wichtigste vorweg zusammengefasst
Das „Akustikusneurinom“ (besser: Vestibularisschwannom, weil es sich fast immer am Gleichgewichtsnerven bildet) ist eine gutartige Geschwulst.
Sie hat nichts mit Krebs zu tun und bildet keine Tochtergeschwülste.
Therapie
* Abwarten
* Mikrochirurgische Tumorentfernung
* Bestrahlung (Radiochirurgie, stereotaktische Strahlentherapie)
und Kombinationen dieser drei sind die Säulen des modernen medizinischen Managements der Vestibularisschwannome. Medikamentöse Behandlungsmethoden werden in letzter Zeit zunehmend bei Patienten mit der sehr seltenen chronischen Erkrankung Neurofibromatose Typ 2 mit Vestibularisschwannomen auf beiden Seiten eingesetzt.
Die häufigsten Symptome
Die häufigsten Symptome sind:
Einseitige Abnahme des Hörvermögens, Hochtonschwerhörigkeit, Hörstürze, Ohrgeräusche, Tinnitus, Schwindel mit oder ohne Gangunsicherheit. Gefühlsstörungen im Gesicht
Die weniger häufigen Symptome sind:
Kopfschmerzen, Geschmacksstörungen, Zahnschmerzen, Gesichtsschmerzen, Schluckstörungen.
Akustikusneurinom oder Vestibularisschwannom
Neurinome heißen auch Schwannome und sind gutartige Geschwülste (=Tumoren), die von der Nervenhüllschicht, der so genannten Schwann‘schen Scheide , ausgehen. Die Bezeichnung „Akustikusneurinom” geht auf die frühere Bezeichnung des achten Hirnnerven als „Nervus statoacusticus“ zurück, den man heute „Nervus vestibulocochlearis“ (Gleichgewichts-Hör-Nerv) nennt. Der zweite im Nervus vestibulocochlearis verlaufende Nerv ist der Hörnerv (Nervus cochlearis). Ihren Ursprung haben „Akustikusneurinome“ also fast immer am Nervus vestibularis. Deshalb die Bezeichnung Vestibularisschwannom.
Wie werden Vestibularisschwannome behandelt?
Die Behandlung richtet sich nach der Größe des Tumors, seinem Wachstumsverhalten und den Symptomen des Patienten.
Eine der am häufigsten verwendeten Gradierungen ist die KOOS-Klassifikation.
Grad I Kleiner intrakanalikulärer* Tumor, der sich lediglich im inneren Gehörgang (Meatus acusticus internus) befindet. < 10 mm
Grad II Hauptsächlich intrakanalikulärer Tumor mit Protrusion (Vorschieben) in den Kleinhirnbrückenwinkel, aber ohne Kontakt zum Hirnstam. < 20 mm
Grad III Hauptsächlich im Kleinhirnbrückenwinkel lokalisierter Tumor mit Kontakt zum Hirnstamm, aber ohne Kompression. < 30 mm
Grad IV Grosser Tumor mit Kompression des Hirnstamms und der umgebenden Hirnnerven. > 30 mm
*Intrakanalikulär bedeutet innerhalb eines Kanälchens.
Das Vestibularisschwannom im Überblick
- Ein VS (AN) ist ein gutartiger Tumor, der sich am VIII. Hirnnerven, dem Hör- und Gleichgewichtsnerven, bildet. Er tritt selten auf und ist auch unter der Bezeichnung "Akustikusneurinom" geläufig.
- Ein VS (AN) wächst gewöhnlich langsam, ist an seinen Entstehungsort gebunden und dehnt sich dort aus. Es ist kein Krebs und bildet keine Tochtergeschwülste (Metastasen).
- Ein VS (AN) macht sich häufig als erstes als Hörverlust am betroffenen Ohr bemerkbar; Schwindel wird ebenfalls berichtet.
- Ein VS (AN) tritt im Allgemeinen ohne bekannte Ursache auf; eine Sonderform (NF2) ist genetisch bedingt.
- Ein größer werdendes VS (AN) drückt zunehmend gegen den Hirnstamm, dringt jedoch nie in das Hirngewebe ein.
- Ein größer werdendes VS (AN) kann durch den entstehenden Druck Hirnfunktionen gefährden und sogar lebensbedrohlich werden.
- Der / dem Betroffenen stehen folgende Therapieoptionen offen:
- Abwarten und beobachten (regelmäßige MRT-Kontrolle)
- Mikrochirurgische Entfernung (HNO-Operateur oder Neurochirurg)
- Bestrahlung (fraktionierte oder einmalige Bestrahlung - je nach verwendeter Technik)
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Ein Akustikusneurinom (auch Vestibularisschwannom genannt) ist ein gutartiger Tumor.
Das Akustikusneurinom besteht aus unkontrolliert wachsenden Schwannschen Zellen der Nervenhülle des 8. Hirnnerven (Nervus vestibulocochlearis) , der aus dem Hörnerv (Nervus cochlearis) und dem Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) besteht. Der VIII. Hirnnerv besteht also aus zwei eigenständigen Teilen. Während der Hörnerv (Nervus cochlearis) zuständig ist für das Übermitteln der Hörinformation aus dem Innenohr zum Hirnstamm, gibt der Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) die aus dem Gleichgewichtsorgan stammende Information an das Gehirn zur Weiterverarbeitung. Diese Nerven treten gemeinsam aus dem Hirnstamm aus und verlaufen dann durch den mit Hirnwasser gefüllten Kleinhirnbrückenwinkel zum Innenohr. Dabei passieren sie den knöchernen inneren Gehörgang im Felsenbein. An dieser Stelle entstehen die Vestibularisschwannome (Akustikusneurinome), aus einer Gewebehülle, die den Hirnnerven umgibt.
Der Tumor wächst somit zwischen dem Innenohr und dem Hirn, meist innerhalb des inneren Gehörgangs (intrameatal), teils außerhalb des inneren Gehörgangs (extrameatal) in die Kleinhirnbrückenwinkel-Zisterne hinein.
Die Ursache ist letztlich unbekannt. Nur bei einer kleinen Gruppe von Patienten, die an einer sogenannten Neurofibromatose Typ 2 leiden, liegt ein genetischer Defekt vor. Dieser führt in der Regel zu multiplen Neurinomen an verschiedenen Hirnnerven und im Bereich des Rückenmarkes. Diese Patienten haben dann meistens beidseitige Vestibularisschwannome (Akustikusneurinome).
Weil der Tumor gutartig ist, bildet er keine Tochtergeschwülste (Metastasen). Solange er die Raumreserven im Bereich des inneren Gehörganges und des mit Hirnwasser (Liquor) gefüllten Kleinhirnbrückenwinkels nutzt, treten zunächst keine Symptome auf. Erst der Druck auf den Gleichgewichts- und Hörnerv (VIII. Hirnnerv = Nervus vestibulocochlearis) und später auf den Gesichtsnerv (VII. Hirnnerv = Nervus facialis) führt zu Beschwerden. Dabei dehnt sich der in der Regel langsam wachsende Tumor vom inneren Gehörgang im Bereich des Felsenbeines Richtung Kleinhirnbrückenwinkel aus. Er erscheint dann häufig als birnenförmiges Gebilde, das den inneren Gehörgang (meatus) allmählich aufweitet. Ein größer werdenden Tumor drückt dann auch auf benachbarte Hirnnerven, wie den Drillingsnerv (V.Hirnnerv = Nervus trigeminus, zuständig für die Gefühlsempfindungen im Gesicht)oder den für den Schluckvorgang zuständigen X. Hirnnerv (= Nervus vagus). Unbehandelt würde der Tumor letztlich den Hirnstamm erreichen und komprimieren und damit Lähmungserscheinungen, lebensbedrohliche Herz-, Kreislaufstörungen sowie Zirkulationsstörungen des Hirnwassers (Hydrozephalus) hervorrufen.
Die Angaben in der internationalen Literatur schwanken stark, unter anderem weil nur selten alle Vestibularisschwannome / Akustikusneurinome an einer zentralen Stelle registriert werden.
Für Deutschland ist uns derzeit ein Auftreten von knapp 8 Vestibularisschwannome / Akustikusneurinomen pro 1 Million Einwohner und Jahr bekannt. Das VS / AN stellt somit nur ca. 6 % aller primär intracraniellen Tumoren, also der Tumoren, die innerhalb des Schädels entstehen.
In einer dänischen Studie, der die Auswertung von 2283 Fällen zugrunde liegt, stellen die Autoren für Dänemark ein Ansteigen der Fallzahlen von 1976 bis 2004 auf 22,8 pro eine Million Einwohner und Jahr fest. Nach 2004 gingen die Fallzahlen wieder leicht auf 19,4 in 2008 zurück. Die Autoren führen das Ansteigen der Fallzahlen auf
- eine ständig verbesserte Diagnostik, beispielsweise verbesserter Zugang zu bildgebenden und audiometrischen Diagnoseverfahren
- ein gestiegenes Bewusstsein in der Bevölkerung und Ärzteschaft für die Erkrankung
- gestiegene Lebenserwartung
zurück. Interessanterweise konnten die Autoren der Studie auch zeigen, dass die Tumorgröße zum Zeitpunkt der Diagnose gesunken ist, von 30 mm zwischen 1979 und 1981 auf 10 mm zwischen 2003 und 2005. Das Durchschnittsalter der Patienten zum Diagnosezeitpunkt stieg im Untersuchungszeitraum von 1976 - 2008 von 49 auf 58 Lebensjahre. Das Geschlechterverhältnis (w/m) betrug 1183 zu 1100.
Seit 1976 wurden in Dänemark alle auftretenden Fälle eines Vestibularisschannom / Akustikusneurinoms systematisch erfasst. Dies ist in anderen Ländern nicht immer gegeben, was unter anderem ein Grund für unterschiedliche statistische Zahlen sein kann.
Beispielsweise bezifferten US-amerikanische Studien das Auftreten auf 6-8 pro Million Einwohner und Jahr, während eine kanadische Untersuchung ca. 13 Fälle pro Million Einwohner und Jahr fand.
Meistens ist es eine langsam zunehmende, seltener jedoch eine akut auftretende Schwerhörigkeit, die besonders bei hohen Tönen ausgeprägt ist und bis zum Hörverlust führen kann.
In wenigen Fällen wird auch über eine plötzliche Hörverschlechterung berichtet. Daneben kann es zu Ohrgeräuschen kommen wie etwa einem ständigen Sausen, Rauschen oder Pfeifen, die als Tinnitus bezeichnet werden.
In manchen Fällen treten Kopfschmerzen, vor allem im Hinterkopf, sowie Schwindel in mehr oder weniger ausgeprägter Form auf. Teilweise strahlen die Schmerzen auch in Schulter und Arme aus.
Bei größeren Tumoren kann es zu Koordinationsstörungen, Lähmungserscheinungen, Gefühlsstörungen der Gesichtsregion, ziehende Zahnschmerzen, eine Schwäche der Kaumuskulatur oder steigendem Hirndruck kommen.
Bei ungünstiger Lage (intrameatal) können auch kleine Tumoren zu diesen Beschwerden führen.
In einem fortgeschrittenen Stadium treten durch Hirnwasserstau oder Druck auf den Hirnstamm selten psychischen Beeinträchtigungen auf. Bewusstseinsstörungen wären dann schon Zeichen für einen lebensbedrohlichen Zustand.
Fast jedes der genannten Symptome kann aber auch eine andere Ursache haben. Das macht die Diagnose eines Vestibularisschwannoms / Akustikusneurinoms so schwierig...
Die Erstuntersuchung wird in der Regel von einem HNO-Arzt vorgenommen.
Zielführend ist dabei zunächst die Audiometrie. Beispielsweise kann anhand des subjektiven Verfahrens der Sprachaudiometrie festgestellt werden, ob das Sprachverständnis des Patienten eingeschränkt ist.
Ein sehr empfindliches objektives audiologisches Verfahren ist die Hirnstammaudiometrie. Bekannt unter den Namen FAEP (Frühe akustisch evozierte Potentiale) oder BERA (brainstem evoked response audiometry) messen diese Verfahren die Funktionstüchtigkeit des Hörnerven. Es konnte gezeigt werden, dass der bei weitem überwiegende Anteil aller Akustikusneurinompatienten hier Abweichungen aufwies.
In der Regel werden die audiometrischen Verfahren durch Untersuchungen der Funktionstüchtigkeit des Gleichgewichtsnerven ergänzt.
Die bildgebende Diagnostik mit dem Kernspintomographie (MRT*) ist jedoch bei vorliegendem Verdacht unerlässlich. Das Kernspintomographie (MRT) erlaubt ohne Röntgenstrahlung eine mehrdimensionale Darstellung des Kopfes und der Hirnstrukturen und ermöglicht den frühzeitigen Nachweis eines Akustikusneurinoms.
*Magnetresonanztomographie
Die Behandlung des Vestibularisschwannoms / Akustikusneurinoms hängt ab von der Größe des Tumors, dem Zustand des Gehörs, dem Alter des Patienten und seines Allgemeinzustands.
Abwartende Haltung:
Diese ist z.B. gerechtfertigt bei kleinen Tumoren, die zu keiner Beeinträchtigung des Hörvermögens geführt haben, oder bei älteren Patienten, bei denen der Tumor noch nicht zu einer Verdrängung des Hirnstamms geführt hat. Erforderlich ist auf jeden Fall eine regelmäßige kernspintomographische Kontrolle des Tumorwachstums, um zum Zeitpunkt einer auftretenden Kompressionserscheinung andere Therapieverfahren anzustreben.
Operative Totalentfernung:
Ziel aller operativen Methoden ist die Totalentfernung des Akustikusneurinoms bei gleichzeitiger Funktionserhaltung des Gesichtsnerven und des Gehörs. Dieses Ziel kann aufgrund der heute verwendeten mikrochirurgischen Techniken unter dem Einsatz von Operationsmikroskopen, dem intraoperativen Neuromonitoring sowie durch den Einsatz spezieller Neuronavigationssysteme, in den meisten Fällen erreicht werden. Je nach Ort und Größe des Tumors, sowie abhängig von anderen Faktoren können für die Operation verschiedene chrirurgische Zugangswege in Betracht kommen.
Bestrahlung:
Die moderne dreidimensionale Bestrahlungsplanung integriert Kernspintomographie und Computertomographie zur optimalen Festlegung des zu bestrahlenden Gebietes. Das Bestrahlungsfeld wird mit Hilfe von Computersystemen der individuellen Tumorform angepasst. Durch die Bestrahlung wird der Tumor nicht beseitigt. Das Ziel der Behandlung ist Stillstand des Tumorwachstums (Tumorkontrolle) und Erhalt eines verwertbaren Hörvermögens. Beim Gamma-Knife dient radioaktives Kobalt als Quelle für die ultraharten Gammastrahlen. Im Linearbeschleuniger und im Cyber-Knife werden diese Strahlen elektrisch erzeugt. ZAP-X® nutzt einen modernen Linearbeschleuniger. Damit entfallen die mit dem Einsatz des bisher verwendeten Kobalt-60 die zur Handhabung radioaktiver Isotope erforderlichen Umstände. ZAP-X® weist außerdem eine besondere Konstruktion ohne Strahlenschutzraum auf.
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Noch ausführlichere informationen enthält unsere Broschüre "Akustikusneurinom - Basisinformation", die für Mitglieder kostenfrei erhältlich ist und von Nichtmitgliedern angefordert werden kann.